eine seltsame erfahrung; sich zugleich ältlich, verwachsen, schon angebraucht zu fühlen, als habe sie schon ihr leben gelebt, mehr davon, als liege etwas hinter ihr, was noch vor ihr zu liegen schien, vor kurzem, und dennoch, es fühlte sich so grünschnabelig, schlüpfrig an, sie war ein krummes grünes holz mit eigentümlichem duft, ein geruch nach frischem gras - oder getrocknetem heu im spätsommer - mit tau bedeckt im morgengrauen, etwas scharf in der nase, abgeknickst und aufgerauht, spröde und verstrubbelt, unscharf an den rändern, aber nicht konturlos. ein hund streift durchs gras, schnüffelt an den halmen, kaut daran, würgt und spuckt das klebrige bündel aus; es knackte, als der schneckenpanzer splitterte, etwas schleimiges blieb zurück. er bleckte die zähne, ein verkrümmeltes gebiss. erdbrocken fallen heraus und der hund schüttelt sich, läuft, gewinnt land. haarbüschel bleiben ein einem zaun zurück, der einmal weidende schafe an weitläufigen ausschweifungen gehindert haben mag. den hund hindert nichts. er verschwindet hinterm horizont, wie die ockergelbe abendsonne mit ihrem roten pavianhintern, den sie der welt zum abschied entgegen reckt. der mund küsst ihn und sammelt sich für den aufstieg. wind kommt auf und die wolken raufen sich zu grau-blauen massen zusammen, eine rotte grummelnder wölfe bereit zu einem neuerlichen streifzug über das firmament.
die weißen vorhänge geraten in bewegung und der sturm fährt in ihrem kopf, lehnt sich an den holzrahmen. der wind säuselt durch ihr haar und in ihre ohrmuschel, sie träumt kurzzeitig vom meer und schaut auf den fluss. nichts ordnet sich, nicht die kiesel, nicht das schilf, auch die fische formieren sich nicht zu schwärmen. alles liegt da, einfach da, vor ihr, aber irgendwie schon angetastet und angerührt, doch zugleich auch so fettfingerfrei und fragil, dass sie kaum zu atmen wagt. doch der mechanismus, automatismus arbeitet im hintergrund, was sie beruhigt und ängstigt. was gäbe es zu tun? sie spürt das kühle feuchte gras unter ihren fußsohlen, fast ein bisschen schneidend, durch die hornhaut ihrer fingerkuppen hindurch spürt sie die halmspitzen, sie fährt sich durchs haar, lässt die erde in ihre lungenflügel einsickern.
dieser naturfetischismus stößt sie ab, doch die anziehung ist stark, daher zieht sie sich aus, häutet sich, um vielleicht neu geboren zu werden in dieser zufälligen sekunde, in der es sie überkommt. sie würde ein hemd überstreifen, wenn er eines zurückgelassen hätte, doch da ist nichts, vielleicht noch einige vereinsamte geruchsmoleküle, die sich aneinanderklammern, um nicht vom nächsten luftstoß hinaus durchs das offene fenster ausgehaucht zu werden, mit einem stillen seufzen.
die grau-wollene decke ist vom fußende des bettes auf den boden gerutscht und hat sich dort wie eine unscheinbare katze zusammengerollt. manchmal ist sie kratztig wie die stehengebliebenen bartstoppeln in seinem gesicht, wenn sie vorüber streift.
die frage ist, wann es wieder ein draußen geben wird, ein außerhalb-dessen des jetzt, in das sie verwickelt wurde. wo es ausgeht in die ungewissheit und unwissenheit der anderen und die eigene. potentiell besteht immer die möglichkeit des anrufs, denn es gibt das netzwerk, alles ist verkabelt und muss nicht verkapselt und verklausuliert bleiben. vieles drängt ins offene und viele wollen ins äußerste gehen, um an ihren stacheln nicht innerlich zu ersticken. aber da ist kein igel in ihren eingeweiden, alles ist weich dort und nicht geballt. ein gefühl des dazwischen, zwischen kommen und gehen, angekommen und im aufbruch.
ihr blick schweift über die felder, verfängt sich zwischenzeitlich in den abgetauchten kruden ästen der weidenbäume, in denen ein paar vögel hocken, gucken und schweigen, ihr gefieder putzen und beizeiten plustern. manchmal löst sich eine feder und legt sich als leichter flaum neben den weißen pollen aufs wasser und schaukelt langsam davon.
sie hat kein bild von seinem fortgehen oder von ihm, es sind viele, die kommen und gehen, nicht aus dem nichts auftauchen, sondern aus den räumen und stukturen, in die sie eingebettet ist. wenn sie die tür öffnet oder in die tastatur tippt und lauscht, sieht sie ihn dort sitzen, oder meint, ihn dort zu treffen, wo aber fremde stehen und alles ist entfernt und dringt nur dumpf zu ihr herein, weil ein geräuschteppich sie umfangen macht und wattewolkig wiegt es sie durch den tag. manchmal ein freudentaumel und sie grinst blöd und muss lachen über ihre eigene hysterie, die launisch sich verkehrt in ihr gegenteil und ihre augen immer spiegel glasig schimmern lässt. sie wischt die gedanken ab und benetzt ihre wangen und stirn mit etwas wasser. gurgelnd verschwindet es im rohr und nimmt die schwermut des augenblicks mit.
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